Am Sonntag ist es wieder so weit. Wie jedes Jahr versammeln sich einige trinkwütige Bändchenträger zum gemeinsamen Burschenfrühschoppen. Nachdem das Frühschoppen zwei Jahre lang wegen der Corona-Pandemie ausfallen musste und die Verbindungsstudenten letztes Jahr auf eine umgegrabene und wohlriechende Jahnalle stießen, probieren sie es nun also am Technischen Rathaus.
Doch was ist eigentlich dieses Burschenfrühschoppen? Und wer nimmt daran Teil?
Das Burschenfrühschoppen wird seit Über 15 Jahren regelmäßig in Tübingen abgehalten. Eigentlich fand es immer auf dem Bursenvorplatz statt, wurde jedoch aufgrund von starkem Gegenprotest letztes Jahr in die Jahnallee und dieses Jahr ans Technischen Rathaus verlegt. Das Fest dient besonders der Vernetzung, dem geselligen Beisammen sein und natürlich dem Schoppen, also dem Trinken rauer Mengen Alkohols. Was jetzt noch nach einer entspannten Veranstaltung mit Dorffest-Charme klingt, ändert sich jedoch schnell, wenn wir uns angucken wer daran so teilnimmt.
Ausgetragen wird das Burschenfrühschoppen jedes Jahr vom sogenannten Arbeitskreis Tübinger Verbindungen (AKTV). In diesem sind insgesamt 29 Tübinger Verbindungen und Burschenschaften aktiv. Nachdem wir in unserem vergangenen Statement explizit auf das Tübinger Verbindungswesen eingegangen sind, hier nun einige Worte zu den Tübinger Burschenschaften. Im AKTV sind folgende Burschenschaften Mitglied: Strassburger Burschenschaft Arminia, Burschenschaft Derendingia, (AS) Burschenschaft Germania.
Eine Burschenschaft charakterisiert sich neben den aufklärungsfeindlichen Ritualen und Bestrebungen, die auch bei Verbindungen vorkommen, durch politische Betätigung. Anders als Studentenverbindungen, die „nur aus Tradition“ rückständig sind, sind Burschenschaften gewollt und überzeugt rückwärts gewandt. So überzeugt, dass die Straßburger Arminia sich auch mit anderen Studenten in den 70er-Jahren zum sogenannten Hochschulring Tübinger Studenten (HTS) zusammenschloss. Diese Hochschulgruppe wurde besonders durch ihre Verbindungen zur rechtsterroristischen Wehrsportgruppe Hoffmann bekannt. Auch erschoss 1980 ein Mitglied der Straßburger Arminia den Vorsitzenden der israelitischen Gemeinde Nürnbergs und jüdischen Verleger Shlomo Levin und seine Lebensgefährtin. Zugegeben sind das doch ältere Fälle. Dennoch berufen sich alle Burschenschaften auf die Grundsätze der Urburschenschaft von 1815 Freiheit – Ehre – Vaterland. Besonders der Teil mit dem Vaterland scheint dabei für die Burschenschafter heute wichtig zu sein. So lud beispielsweise die Straßburger Burschenschaft Arminia vergangenes Jahr den Politiker Hans-Georg Maaßen ein, der vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremes Beobachtungsobjekt geführt wird. Wir denken, an dieser Stelle ist es angebracht, deutlich zu werden. Während wir in unserem letzten Statement Verbindungen allgemein kritisierten, ist es vorliegend angebracht zu sagen, was ist: Die genannten Verbindungen stellen eine tatsächliche Gefahr für eine Gesellschaft, die nicht nur aus Gleichgesinnten besteht, dar. Wer vom „Kommando von Oben“ so der Titel von Maaßens Vortrag fabuliert, hat in einer demokratischen Gesellschaft nichts verloren. Ob konservativ oder liberal, ob links oder SPD.
Angesichts der beim Frühschoppen versammelten Kräfte kann es nur heißen: Frühschoppen blockieren und Burschis aus der Stadt jagen. Für die Freiheit für das Leben darf es keine Burschis geben.